
Die Wienerin Kathi Steininger beschuldigt P. Diddy, sie vor 25 Jahren vergewaltigt zu haben. In Österreich ist der Fall verjährt – trotzdem erhebt sie ihre Stimme. Wer ist die Frau?
„Ich wurde vergewaltigt“, sagt Kathi Steininger mit fester Stimme. Es falle ihr immer noch schwer, das Erlebte auszusprechen. Und doch tut sie es: Ihre Augen füllen sich mit Tränen, als sie vom Abend vor 25 Jahren berichtet. Sie habe als Journalistin Sean „Diddy“ Combs nach seinem Konzert in Wien zu einem Interview treffen wollen. Das Interview, das sie gerne geführt hätte, kam nie zustande. Stattdessen kämpfte sie jahrelang mit psychischen Problemen und einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge eines mutmaßlichen Übergriffs des Rappers. Erst Jahre später offenbarte sie das Erlebte ihrer Familie. In dem TV-Magazin „Treffpunkt Österreich“ berichtet die heute 44-Jährige von dem mutmaßlichen Vorfall.
Steiningers Vorwürfe reihen sich in eine lange Liste ein. Etwa 120 Menschen gehören einer in den USA eingereichten Sammelklage an, in der Sean Combs schwerer Verbrechen beschuldigt wird. Die mutmaßlichen Opfer sind Männer, Frauen und zum Zeitpunkt der Übergriffe auch minderjährige Personen.
Wer ist Kathi Steininger?
Kathi Steiningers Karriere begann in den frühen 2000ern in der österreichischen Medienlandschaft. Bekanntheit erlangte sie vor allem durch ihre Rolle als Moderatorin des Boulevard-Magazins „Spotlights“, das wöchentlich auf Austria 9 TV ausgestrahlt wurde. Doch mit der Einstellung des Senders im Jahr 2012 endete auch ihre TV-Karriere. Einbrüche in ihr Haus und die Firma ihres damaligen Ehemannes führten Steininger zufolge letztlich dazu, dass sie dem Fernsehen endgültig den Rücken kehrte. Nach ihrer Scheidung im Jahr 2021 schlug Steininger beruflich neue Wege ein: Sie absolvierte eine Ausbildung zur Fitnesstrainerin und warb für ein Diätprodukt. Heute lebt sie mit ihren zwei Söhnen in Wien.
„Ich wäre mit diesem Mann nie ins Bett gestiegen“
„Ich habe mich geschämt“, sagt Steininger heute. Erst der öffentliche Diskurs über sexuelle Gewalt rund um P. Diddy habe sie bestärkt, ihre Stimme zu erheben. „Ich wünsche mir eine Strafe für das, was er mir angetan hat“, sagt sie in dem Interview mit Puls 24. Der Vorfall, so Steininger, soll sich am 28. März 2000 nach einem Konzert in der Wiener „Libro Music Hall“ ereignet haben. Damals war sie gerade mal 19 Jahre alt und begleitete das Event in ihrer Rolle als Journalistin. Nach dem Auftritt sollte nach Absprache ein Interview im Club „Olympia P9“ folgen – doch es kam anders.
Steininger berichtet, dass Combs‚ Bodyguards sie unter dem Vorwand, es sei auf der Party zu laut für ein Interview, von ihrem vertrauten Kameramann und dem Produzenten trennten und sie in einen der Tourbusse führten – beide Männer bezeugen das Puls 24 zufolge. Dort habe ihr der Rapper ein Getränk angeboten – sie vermutet heute, es sei mit K.-o.-Tropfen versetzt gewesen. Nachdem sie die Berichte über die Vorwürfe anderer Betroffener las, sei ihr klar gewesen: „Mein Getränk war manipuliert. Ich wäre mit diesem Mann nie ins Bett gestiegen.“ Combs habe ihr das Getränk angeboten und eigenhändig eingeschenkt, erzählt sie: „Ich war bei vollem Bewusstsein, aber mein Körper hat das zugelassen.“
Steininger sprach auch mit US-Anwälten über den P. Diddy-Vorfall
Steininger habe sich im Frühjahr 2024 auch an die Staatsanwaltschaft in den USA gewandt, die gegen Diddy ermittelt. Doch da der mutmaßliche Übergriff in Europa stattfand, lehnte ein US-Gericht ihre direkte Beteiligung ab. Die Behörden seien ihr trotzdem sehr dankbar für ihre Mithilfe gewesen, sie sei zuvor monatelang befragt worden.
Daraufhin stellte sie in Österreich Anzeige. Die Wiener Staatsanwaltschaft bestätigte den Eingang – die Ermittlungen wurden jedoch vorerst „unter Vorbehalt der späteren Verfolgung“ eingestellt. Grund: Die Tat ist zwar in Österreich verjährt, könnte jedoch bei einer Verurteilung Combs‘ in den USA juristisch neu bewertet werden.
Dass sie nicht als Zeugin aussagen kann, entmutigt Kathi Steininger nicht: „Es ist nicht vorbei – wir sind mittendrin“. Es sei ihr wichtig, dass alle Menschen „die Natur dieses Mannes sehen“. Steiningers öffentliches Bekenntnis ist Teil einer Solidaritätswelle unter Betroffenen: Nach der Klage der Sängerin Cassie Ventura im November 2023 meldeten sich über 120 Betroffene mit gravierenden Vorwürfen gegen Combs. Im Mai 2025 begann der Prozess gegen den Musiker, der sich wegen Vergewaltigung, Menschenhandel und organisierter Kriminalität verantworten muss.