
Donald Trump zeigt sein wahrstes Gesicht. In einer Hollywood-Schlammschlacht gibt es eine Zwischensiegerin. Und was sonst heute noch wichtig wird.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wer mit der Waffe im Anschlag betonen muss, alles unter Kontrolle zu haben, der hat die Kontrolle längst verloren.
Das, was sich Donald Trump dieser Tage herausnimmt, ist eines demokratischen Staatsoberhauptes unwürdig. Oder, wie es der Mann der Stunde, Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom, so treffend schreibt: „un-amerikansich“.
Das erste von vielen Tabus, das Trump in diesem Epos eines Führungsversagens brach, war, als er am Freitag die kalifornische Nationalgarde gegen den Willen der kalifornischen Regierung gegen kalifornische Bürger ins Feld schickte.
Erst dann eskalierten die bis dahin größtenteils friedlichen Proteste gegen den vermutlich in Teilen illegalen Washingtoner Abschiebewahn. Die Bilder, die seitdem um die Welt gehen, zeigen nicht weniger als eine blutende Demokratie:
Ja, Gewalt gegen seine Exekutive darf sich ein Staat nicht gefallen lassen. Doch was, wenn es dieser Staat selbst ist, der durch subventionierten Hass seine Bürger zum Äußersten treibt? Aus Machosprüchen wie „Ihr spuckt, wir schlagen“ wird schließlich ganz schnell „Ihr schlagt, wir schießen“.
Jetzt will das Pentagon nicht nur 2000 zusätzliche Milizionäre nach Los Angeles schicken, sondern auch 700 Marines. Während die Entsendung der Nationalgarde gegen den föderalen Willen bereits mindestens in einen dunkelgrauen Bereich fällt, ist der Einsatz regulärer Streitkräfte im Inland strikt untersagt. Aus gutem Grund.
Die Gründerväter wollten die Amerikaner eigentlich genau vor solch akutem Machtmissbrauch schützen. Doch sieht Trump in der Verfassung, in dieser großartigen Gebrauchsanweisung für ein freies Miteinander, bloß einen unansehnlichen Serviervorschlag.Tutorials sind nichts für echte Männer.
Zudem ist da die schreckliche Gewissheit, dass Trump nicht müde werden wird, seine Befugnisse zum Unwohle aller zu dehnen. Wieder. Und wieder. Und wieder. Die beflissenen Ja-Sager, mit denen sich der Parteipatriarch in seiner unstillbaren Bestätigungssucht umgibt, sie dienen sich selbst, deswegen ihm und nicht einmal mehr ansatzweise dem Land. Dabei bräuchte es so dringend einen Helden in den Maga-Reihen. Jemanden, der trotz aller ideologischen Verbohrtheit nicht nur die Grenzen der USA, sondern auch die rote Linien wahrt. Jemanden, der Trump in Situationen wie diesen an beiden Armen packt, ihn kräftig schüttelt, ihm sagt: Donald, es reicht!
Los Angeles dürfte erst der Anfang sein. Medienberichten zufolge wollen in den kommenden Tagen überall im Land Menschen auf die Straßen gehen. Ein Flächenbrand droht. Und niemand dreht das Wasser auf. Nur Öl.
Wehrpflicht: Ja? Nein? Vielleicht?
Glauben Sie mir: Ich sehne mich nach dem Sommerloch. Was war das doch für eine wundervolle Atempause, als gefühlt ganz Deutschland darüber diskutierte, ob das Etwas, das durch das Berliner Umland tigerte, ein Wildschwein oder ein Löwe war.
Und worüber diskutieren wir in diesem Sommer? Ich meine, abseits von dem, was Trump uns tagtäglich auftischt.
Darüber, wann Wladimir Putin die Nato angreift. Richtig, wann. Das „ob“ sei längst vom Tisch, da sind sich Nachrichtendienste erschreckend einig. In Berlin beraten sie deshalb, wie wir uns vor dem schützen können, was da aus dem Osten kommt. Ganz oben auf der Setlist: die Wiederauflage eines Klassikers.
Kommt jetzt doch die Wehrpflicht? Und wenn ja: Wie bitteschön? Das diskutieren die stern-Politikchefs im heutigen „5-Minuten-Talk“:
Blake Lively: 1 – Justin Baldoni: 0
So, entspannen wir uns mit etwas Gossip. Wobei. Bitterernst ist sie ja schon, die Schlammschlacht zwischen den beiden Hollywood-Stars Blake Lively und ihrem Kollegen Justin Baldoni.
Aber vermutlich brauchen Sie (wie ich vorhin) ein kurzes „Was bisher geschah“:
Lively und Baldoni machen einen Film. Lively wirft Baldoni sexuelle Belästigung und Verleumdung vor. Baldoni wirft Lively Verleumdung vor, will 400 Millionen Dollar.
Klar soweit? Achja. Livelys Ehemann (Box-Office-König Ryan Reynolds), ihre ziemlich beste Freundin (eine gewisse Taylor Swift) und ein Lokalblatt („New York Times“) sind auch involviert.
Das Ganze hat jedenfalls jetzt schon mehr Wendungen als der, wie ich mir habe sagen lassen, sehr mittelmäßige Streifen, um den es ursprünglich ging. Meine Kollegin Sarah Stendel hatte Ihnen den letzten Stand ausführlich zusammengefasst.
Aber zur eigentlichen News: Ein New Yorker Gericht hat Baldonis Klage jetzt abgewiesen – aus Mangel an Beweisen. Ein Entscheid zu Livelys Klage steht allerdings noch aus. Außerdem kann Baldoni Berufung einlegen. Es bleibt spannend.
Was heute sonst noch ansteht
Vor 90 Jahren gründeten sich die „Anonymen Alkoholiker“ im US-amerikanischen Akron, Ohio. Inzwischen ist die Organisation weltweit aktiv (natürlich auch in Deutschland) und hat unzähligen Menschen in ein neues Leben verholfenDas Bundesverwaltungsgericht verhandelt über Verbot des rechtsextremen Magazins „Compact“: Die Richter hatten ein von der damaligen Innenministerin Nancy Faeser erlassenes Verbot vorläufig aufgehobenApropos. Faesers Nachfolger Alexander Dobrindt stellt heute den Verfassungsschutzbericht für 2024 vor. Der fokussiert sich wohl vor allem auf politisch motivierte StraftatenEine Woche nach dem Bruch der Regierungskoalition in den Niederlanden empfängt Bundeskanzler Friedrich Merz den geschäftsführenden niederländischen Ministerpräsidenten Dick Schoof
Die fernöstliche Weisheit des Tages
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber bei mir zu Hause in Köln fühle ich mich nicht mehr wirklich sicher. Zumindest nicht immer und überall. Immer mehr und immer aggressivere Dealer sowie deren Kunden lassen meine Nackenhaare in vielen Gegenden schon als Werkseinstellung stehen.
Sicherheit ist ein Gefühl, keine Zahl
Obwohl Deutschland den Zahlen nach sicherer als Südkorea ist, fühlt es sich anders an. Noch nie hatte ich seltener das Gefühl, über die Schulter schauen zu müssen. Egal wie spät, egal, oder schummrig die Gasse. Und das in einer 25-Millionen-Metropole.
Das liegt nicht zuletzt an der allgegenwärtigen, sichtbaren Videoüberwachung. Gevatter Staat hat seine Augen hier wirklich überall. Aber uns Deutschen ist Datenschutz eben mehr wert.
Ich wünsche Ihnen einen großartigen Tag – annyeonghi gyeseyo!
Ihr
Yannik Schüller